Naturschutz? Das ich nicht lache!

Alles rund um unsere einheimischen und benachbarten Schneckenarten.

Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Inch am 09.05.2017, 07:00

Liebe Schneckenfreunde,
ich explodiere gerade! Bei uns gibt es eine Stelle neben einem Weinberg an dem es eine große Weinbergschnecken Population gibt. Dort gehe ich jeden Tag vorbei, und heute, da es regnet hatte ich mich schon gefreut ein paar Fotos zu machen. Und was seh ich? Die Gemeinde lässt mit einem Riesen Wagen mit Mähmaschine das gesamte Gras und ko mähen. Und das bei Regen. Ich laufe also zum Wagen und sage dem Gemeindemitarbeiter, dass es dort vor Weinbergschnecken wimmelt und diese unter Naturschutz stehen und ob er bitte nicht bei Regen mähen kann. Die Amtwort? Das ist mir egal! Ich: die Tiere stehen auf der roten Liste! Er: ist mir echt egal!Ich mähe jetzt hier! :mies:
Ich habe alleine im Vorbeigehen 30 tote oder verletze Tiere gesehen :cry: Und es sind sicher mehr. Jetzt werde ich mit einem Eimer nochmal hingehen und die verletzten Tiere einsammeln. Ab welchem Verletzungsgrad ist es denn am besten die Tiere zu erlösen? Bin gerade ganz entsetzt!
Ich möchte Nie Nie wieder hören, dass man einzelne Tiere nicht mit nachhause nehmen darf. Wenn der Naturschutz der Gemeinde egal ist; ist er es mir jetzt auch (allerdings zu spät, denn ich bekomme bald Helix Nachzuchten von einem Forumsmitglied hier - ist mir auch viel lieber so aber-sorry- ich bin gerade sehr wütend! :x )
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon glutia am 09.05.2017, 08:17

Liebe Inch,

das macht mich auch sehr traurig. Ich kann Deine Gefühle sehr gut verstehen, denn ich kämpfe hier bei mir auch immer wieder mit solchen Aussagen.

Zu Deiner Frage, ab wann es besser wäre, die Tiere zu erlösen, kann ich Dir leider nichts raten. Wenn ich selbst verletzte Tiere sehe, greife ich grundsätzlich nicht ein. Aber das ist eine sehr persönliche Entscheidung, die jeder selbst treffen muss.

Was das zukünftige Verhindern von solchen Massakern angeht, habe ich inzwischen gelernt, dass es viel hilft, die Eigentümer der Grundstücke zu ermitteln (was nicht immer leicht ist) und denen dann permanent auf die Nerven zu gehen. Immer wieder Hilfe und Beratung anzubieten, manchmal kann man so doch etwas erreichen. Selbst wenn Hilfe und Beratung unerwünscht sind. Manchmal hilft noch eher das Drohen mit ernsthaften Konsequenzen. Dazu bekommt man meist auch Unterstützung von zuständigen Stellen, die auf deine Informationen angewiesen sind.

Wenn du nach deinem Notfalleinsatz wieder ruhigere Nerven hast und dazu mehr Infos haben möchtest, erzähle ich dir gern mehr von meinen Erfahrungen.

Liebe, mitfühlende Grüße!
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Rasplutin am 09.05.2017, 09:41

Sowas ist fürchterlich und geschieht leider immer wieder.

Trochoidea hat vor vielen Jahren einen interessanten Post zum Thema "Naturschutz" und Schnecken verfasst.
Wenn wichtige Beiträge im Forum markiert werden könnten, gehörte dieser in eine Top-Liste:
ein paar generelle Fragen (Naturschutz)
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Fulica1983 am 09.05.2017, 09:57

Das ist wirklich dramatisch. :(
Leider hätte es aber nicht all soviel gebracht, wenn er bei trockenem Wetter gemäht hätte, da auch dann Weinbergschnecken unterwegs oder eben am ruhen sind.
Leider kann man meiner Meinung nach auch nicht verlangen, dass die Schnecken vorher gesucht und eingesammelt werden.
Wenn ich bei der Stadt arbeiten würde und einen vollen Arbeitstag mit Rasen Mähen und anderen Arbeiten vor mir hätte, würde ich auch nicht noch Weinbergschnecken suchen und aufsammeln. Nachvollziehbar ist die Reaktion vom "Mäher" also schon irgendwie.
Es ist also nicht Job des in Auftrag gebenden Rasenmähers, die Schnecken einzusammeln, sondern die der Stadt/Gemeinde, wenn diese denn weiß, dass dort eine große Population an Weinbergschnecken lebt. Sicher war es dem "Rasenmäher" auch ein wenig zu lächerlich, deswegen seinen Vorgesetzten zu kontaktieren, da es sich nicht um eine Population an seltenen Großwildkatzen, sondern "nur" um Schnecken handelte.

Was den Schutz von Weinbergschnecken angeht: Dieser besteht nicht, weil es zuwenige Schnecken dieser Art gibt. Dieser wurde soweit ich weiß eingeführt, weil das Risiko bestand das sie selten werden, sobald Menschen sie beispielsweise zum übermäßigen Verzehr (vielleicht sogar gewerblich) einsammeln.
Die normale, braune Weinbergschnecke Helix Pomatia (die du sicherlich meinst) hat ein ganz anderes Fortpflanzungsverhalten wie beispielweise die gestreifte Weinbergschnecke Cornu Aspersum (welche nicht geschützt ist), welche schon schneller geschlechtsreif wird und viel mehr Eier produziert. Helix Pomitia legt erst nach der zweiten oder sogar dritten Überwinterung und ist weniger Fortplanzungsfreudig.
Auch werden sie unterschiedlich alt: die Cornu Aspersum wird ca 3-5 Jahre alt, die Helix Pomitia allerdings kann bis zu 20 Jahre alt werden.
Stell dir da mal vor, man würde die Helix Pomitia trotz ihres Fortpflanzungsverhaltens zum Sammeln freigeben? Wenn das viele machen würden, wäre sie schneller am Aussterben als die Cornu Asperum.

An deiner Stelle würde ich die Gemeinde kontaktieren, ob sie die Tiere nicht umsiedeln können. Die Frage ist allerdings, ob dort nicht auch irgendwann gemäht, gehackt, geschaufelt oder gebaut wird.
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Nina 99 am 09.05.2017, 11:01

Ja, so geht es mir andauernd. Ich habe sogar mal zwei junge Männer dabei beobachtet, wie sie die Pomatias auf dem Gehweg absichtlich mit ihrem Elektosensen zerstückelt haben und dabei gelacht. Ich bin auf sie zu und habe gesagt, sie sollen ihre Mäharbeiten stoppen und mich alle Tiere einsammeln lassen, sonst kommt gleich die Polizei. Hat immerhin gewirkt.

Aber alle Leute machen fast nichts. Es wäre wirklich toll, wenn du die noch Lebenden einsammelt. Ob eine Schnecke noch eine Chance hat kann man am besten im Einzelfall entscheiden. Alle Tiere die noch herumkriechem haben auch noch eine Überlebenschance. Wenn der Eingeweidesack oder der Apex verletzt ist, dann sieht es schlecht aus. Vielen Dank, dass du das machst!
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LG Nina
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon jackyberlin am 09.05.2017, 14:20

Ich bitte euch hier nur Beiträge zu schreiben, die @Inch in der jetzigen Situation helfen eine Entscheidung zu treffen, was sie mit den Schnecken (noch lebenden oder verletzten Schnecken) machen könnte.
Wie @Nina99 schon geschrieben hat: stark verletzte Schnecken haben wenig Chancen. Ich würde da auch nicht herum experimentieren, sondern sie höchstens erlösen.
@Inch: Setze dich doch mal mit @glutia in Verbindung, sie hat dir ja angeboten einige hilfreiche Tips zu geben, wo man Unterstützung bekommen kann.
Und einen lieben Gruß von Jacky!
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Inch am 09.05.2017, 18:10

Liebe Alle,
vielen Dank für Eure Ratschläge und tröstenden Worte! Ich war wirklich schockiert. Natürlich verstehe ich dass es sein Job ist aber die Art fand ich schon heftig. Ich mach morgen mal ein Bild von dem Weg. Die gemähte Seite ist abschüssig. Und die Schnecken kriechen dort nur bei Regen in Scharen hoch. Sonst gibt es dort nur vereinzelt mal eine zu sehen.
Jene Schnecken mit ganz leichten Verletzungen (kleines Stück bei der Lippe herausgebrochen)habe ich nicht mitgenommen. Die schaffen das sicher noch selber. Leider kam für die meisten jede Hilfe zu spät.. bei fast allen war das Haus fast komplett zermalmt oder das Innere war zerstört. Ich habe jetzt jene mitgenommen, bei denen ich denke, dass sie es schaffen könnten. Bei Ihnen ist viel Gehäuse abgebrochen und der Mantel liegt frei. Bei einer ist das Gehäuse um den Nabel abgebrochen und bei einer anderen ist das gesamte Haus angeknackst, jedoch in Form.
Es tut mir echt leid im die schönen Tiere! Wir haben hier so hübsche gesehen große Exemplare :-(
@glutia, ich habe Dir eine PN geschickt. Der Grund neben dem Weg gehört leider der Gemeinde. Der Weinberg einem Winzer hier im Ort. Der ist allerdings, aus beruflichen Gründen, kein Schneckenfreund. Mein Sohn hat ihn mal gefragt, ob er die leeren Schneckenhäuser im Weinberg aufsammeln darf. Der Winzer hat ihm geantwortet er darf, möge aber am besten alle lebenden Schnecken mitnehmen; die will er hier nicht haben. Ich befürchte von ihm wird es keine Unterstützung geben..
Und ja klar, der Naturschutz bezieht sich darauf, dass nicht jeder hinz und Kunz Schnecken fürs Abendessen einsammelt. Hier gibt es auch viele Helix Pomatia. Aber dennoch finde ich es lächerlich ein Tiet unter Naturschutu zu stellen und dann kaltblütig zig Exemplare niederzumähen hypokrit Auch die Cornu Hecke wird wieder geschnitten werden, ebenso der Weg neben der Zugstrecke, wo die Bänder, Kartäuser etc wohnen. Aber ich es mal so, dort wird jeweils ein schmaler Weg überwuchert und ich sehe ein, dass die Gemeinde da Sorge tragen muss, dass die Wege begehbar bleiben. Darüberhinaus stehen die Schnecken ja nicht unter Schutz. Natürlich wäre es mir lieber es würde auch dort nicht einfach gemäht aber ihr wisst hoffentlich was ich meine.
Danke nochmal an Euch alle!
LG,
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Inch am 09.05.2017, 18:13

@Flecki, hier in Österreich stehen Cornus nicht unter Naturschutz. Ihr Vorkommen hier ist auch erst wenig Dokumentiert. lG,
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Knusperzunge am 09.05.2017, 19:24

Inch hat geschrieben:Der Grund neben dem Weg gehört leider der Gemeinde.

Dass das Grundstück der Gemeinde gehört, könnte eventuell sogar von Vorteil sein. Der Gemeindemitarbeiter, der die Wiese gemäht hat, erledigt zwar wohl einfach nur die Arbeiten, die ihm aufgetragen werden. Aber wenn eines der zuständigen Ämter anordnet, dass die Wiese nicht während oder kurz nach dem Regen gemäht werden sollte (nasse Wiesen zu mähen ist landwirtschaftlich betrachtet sowieso reinster Unsinn), würde das höchstwahrscheinlich Wirkung zeigen. Mögliche zuständige Ämter, an die du dich wenden könntest (allerdings gibt es nicht in jeder Gemeinde jedes dieser Ämter) sind das Forstamt, as Grünflächenamt oder das Ordnungsamt, welches sogar explizit für Tierschutz zuständig ist. Falls du so einen Versuch unternehmen möchtest, wünsche ich dir viel Erfolg und drücke dir die Daumen, dass du auf offene Ohren stoßen wirst.

Inch hat geschrieben:[...] Der Weinberg einem Winzer hier im Ort. Der ist allerdings, aus beruflichen Gründen, kein Schneckenfreund. Mein Sohn hat ihn mal gefragt, ob er die leeren Schneckenhäuser im Weinberg aufsammeln darf. Der Winzer hat ihm geantwortet er darf, möge aber am besten alle lebenden Schnecken mitnehmen; die will er hier nicht haben.

Ohne diesem Herrn zu nahe treten zu wollen, aber wer als Winzer Weinbergschnecken hasst, ist selten doof. Meine Eltern bewirtschaften hobbymäßig einen kleinen Bio-Weinberg und mein Vater ist Biologe. Er sammelt alle zu sehenden Weinbergschnecken vor dem Mähen ab und setzt sie an die Seite, damit sie der Sense nicht zum Opfer fallen. Weinbergschnecken sind in keiner Weise Schädlinge für den Weinbau, da sie nur die ohnehin schon verrottenden Pflanzenteile fressen. Sie kommen nur deshalb so häufig in Weinbergen vor, weil ein Boden mit der perfekten Zusammensetzung für Wein auch die perfekte Zusammensetzung für Weinbergschnecken hat. Deshalb wird ihr Vorkommen auch als Indikator für die richtige Bodenzusammensetzung für den Weinbau gesehen. Vielleicht ein interessanter kleiner Fakt am Rande: Es gibt sogar eine Organisation, die die Prädikate "1 Weinbergschnecke", "2 Weinbergschnecken" oder "3 Weinbergschnecken" für besonders gute Bioweine vergibt. Ich glaube kaum, dass solche Prädikate nach Schädlingen benannt würden :-D
An den Reben oder Trauben haben die Schnecken jedenfalls kein Interesse, es sei denn, es fallen mal welke Blätter oder matschige Trauben auf den Boden. Meine Eltern haben an ihren Reben noch nie auch nur eine einzige Schneckenfraßspur gesehen.

Jetzt wünsche ich dir erstmal alles Gute für die verletzten Schnecken, die du zum Aufpäppeln mit nach Hause genommen hast.
Bei mir leben A. immaculata var. panthera, Ar. marginata ovum und Pleurodonte isabella.
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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Inch am 10.05.2017, 19:35

Danke Knusperzunge! Ich werde mich mal an die Behörden wenden und berichten!
Der Winzer ist etwas sonderbar. Es ist der einzige Weinberg den er noch hat; den Rest hat sein Sohn übernommen. Bio ist da nicht und schon gar nicht mit Liebe und Leidenschaft!

Leider sind 3 Schnecken verdorben :-( Dafür sind fünf noch am Leben und wirken zumindest nicht unfit. Da die Verletzungen doch recht groß waren, habe ich sie verbunden (wegen der Feuchtigkeit). Denkt ihr das passt? Bei einer von ihnen liegt sogar die ganze Lungenbereich frei. Bei den meisten nur ein Teil. Ich halte sie in einem Becken auf Zewa mit Sepia, Gemüse und Grünzeug. Ich hab als Deckel Frischhaltefolie verwendet, da der normale Deckel zu viele Luftlöcher hat und ich hoffe die Feuchtigkeit so besser halten zu können(Luftlöcher gibt es natürlich). Kann ich noch etwas tun? Leider knabbern die gerne am Verband der anderen. Weiß auch nicht warum. Die Bänderschnecken haben kein Interesse an Pflastern und co. Cornus knabbern die aber auch an.
Vielen Dank!!
LG,
Inch
Hier noch Fotos. Soll ich lieber bei den Gehäuseschäden posten oder past es hier? Danke!


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Re: Naturschutz? Das ich nicht lache!

Beitragvon Nina 99 am 11.05.2017, 05:57

Super, dank dir haben diese Schnecke nun eine neue Chance :)
Viel Glück wünsche ich bei der Genesung.
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