Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Alles rund um unsere einheimischen und benachbarten Schneckenarten.

Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Knusperklaus am 06.07.2009, 14:33

Hallo liebe Forummitglieder,

ich habe ja in den vergangenen 14 Tagen viele hunderte von Beiträgen in diesem Forum
wie auch in anderen Foren gelesen und bin immer wieder auf die Diskussion gestoßen,
ob es erlaubt ist, Nachzuchten von einheimischen Arten, auszuwildern.

Vorbemerkung:

Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit gibt es Bestrebungen, selten gewordene
Tiere oder vom Aussterben bedrohte Tierarten nachzuzüchten und diese dann auszuwildern.

Es erschien mir deshalb nicht einleuchtend, warum man z.B. die Nachzuchten von
Weinbergschnecken nicht an den Orten auswildern sollte, wo sie bereits vorkommen,
aber eben in einer sehr schwachen Population.

Ich habe mich deshalb an den NABU Berlin und an Herrn Dr. Wiese gewandt, mit der
Bitte um Aufklärung:

Herr Dr. Vollrath Wies ist der Vorsitzende der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft
und berät in dieser Funktion die Naturschutzverbände, die Bundesregierung, den Zoll usw.

http://www.hausdernatur.de/wiesebib.htm

Ich hatte folgende Anfrage gestellt:

Sehr geehrter Herr Dr. Wiese,

ich habe einige Zeit auf Ihrer Internetseite verbracht und nun
eine ganze Menge auch dazugelernt.

Bitte gestatten Sie mir eine Frage an Sie als Vorsitzenden
der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft:

Ist es erlaubt oder vielleicht sogar erwünscht, dass einheimische
Schnecken wie z.B. die Bänderschnecken, Hainschnecken oder
die Weinbergschnecke die von Liebhaber in Terrarien gehalten
werden und die sich dort fortpflanzen, dass man diese Tiere zur
Populationsverstärkung an geeignete Plätze auswildert?

Also wirklich nur einheimische Arten aus Nachzuchten, keine
Schädliche wie z.B. die Spanische Wegschnecke.

Bei vielen Tierarten wird dieses Verfahren ja bereits angewandt.
Ich habe mich diesbezüglich auch an den NABU Berlin gewandt
allerdings noch keine Antwort erhalten.

In den einschlägigen Fachforen im Internet ist dies immer wieder
ein heftiges Diskussionsthema und ich erhoffe mir durch Ihre
Antwort, einen hilfreichen Beitrag im Forum leisten zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Kuchta

Ich habe von Herrn Dr. Wiese folgende Antwort erhalten:

Lieber Herr Kuchta, danke fuer Ihre Anfrage - die ich "halbkurz" beantworte. Bitte keine Tiere "auswildern" an Standorten, an denen die Arten keine natuerlichen Populationen haben, das ist rechtlich und naturschutzfachlich nicht in Ordnung (wenn sie da hingehoeren wuerden, waeren sie schon da). Gegen das Halten von Baenderschnecken im Terrarium ist ueberhaupt nichts zu sagen, Weinbergschnecken stehen unter Naturschutz und es ist in den jeweiligen Bundeslaendern zu klaeren, ob das Halten von ihnen erlaubt ist (das ist in den Laendern unterschiedlich geregelt, meist ist das Halten zum Zwecke von Forschung und Lehre problemlos erlaubt). Gezüchtete heimische Schnecken kann man, mit der Einschraenkung, dass dies moeglichst in der Naehe ihrer natuerlichen Herkunft passieren sollte, in die Natur entlassen. Aber wie gesagt nicht in Gegenden, in denen sie natuerlich nicht vorkommen und moeglichst auch nicht oesterreichische Schnecken nach Norddeutschland oder umgekehrt, weil oftmals doch schon mehr regionale Anpassungen vorhanden sind, als wir wissen. Für diese speziellen Fälle ist es wohl eher unkritisch, es gibt aber Weichtierarten, bei denen die regionalen Unterschiede ausgesprochen kritisch sind und falsche Neuankoemmlinge viel im Oekosystem kaputtmachen koennten.
Ich hoffe, Ihre Frage einigermassen beantwortet zu haben.
Herzliche Gruesse aus Schleswig-Holstein
Ihr Vollrath Wiese


Seine Antwort bedeutet aber, dass man sehr wohl, einheimische Schneckennachzuchten an den
Orten auswildern darf, wo diese Art sowieso schon vorhanden ist. Für mich war diese Frage deshalb
von Bedeutung, weil ich mit der Haltung von Weinbergschnecken bald beginnen werde und nicht
einsehe, warum ich den Nachwuchs einer gefährdeten Art, vernichten soll. Das gilt aus meiner
Sicht ebenfalls für Baumschnecken.

Ich hoffe dieser Beitrag ist etwas hilfreich, die ebenso wie ich mit dieser Problematik
Bauschmerzen hatten oder haben.

LG Achim
Knusperklaus
 

Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Escargot am 06.07.2009, 15:04

Hallo Achim,

in unseren Terrarien wachsen die Tiere ohne natürliche Selektion auf. Es ist nicht selten, dass von einem Gelege alle Eier zu adulten, geschlechtsfähigen Schnecken werden. In der Natur hingegen würde nur ein kleiner Prozentsatz der Tiere letztlich geschlechtsreif werden. Nicht nur Freßfeinde würden die Brut dezimieren. "Ungeschickte" Tiere, die sich nicht gut genug vor Austrocknung zu schützen wissen oder zu wenig Futter finden (zum Beispiel durch schlechtere Riechorgane) kommen im Terrarium trotzdem durch.

Wenn Du nun diese Tiere aussetzt, verbreitet sich das „unfähige, schlechte“ Genmaterial in der wildlebenden Population – und das kann mit der Zeit schlimmstenfalls zum endgültigen Aussterben führen.
Gut, bei der derzeitigen Population von Bänderschnecken mag das fast unrelevant sein, aber es brauchen nur noch ein paar natürliche (oder menschengemachte) Umweltfaktoren dazu kommen und schon könnte es Probleme geben.

Die von Dir angesprochenen Projekte zur Nachzucht von bedrohten Arten werden daher nicht von Laien, sondern von Fachleuten geführt und es werden in der Regel auch nicht einfach mal alle Nachzuchten freigelassen, sondern für die Glücklichen, die letztlich in die Natur kommen, gibt es strenge Kriterien. Und es gab auch schon Projekte, die gescheitert sind.
Manchmal werden bewußt sehr junge Tiere ausgesetzt, eben um die Selektion zumindest teilweise wirken zu lassen.

Das dürfte sicherlich auch bei Bänderschnecken vertretbar sein, wenn wir über frisch geschlüpfte Schnecken sprechen....
Dennoch bin ich persönlich generell gegen ein Auswildern von Nachzuchten. Der Mensch hat schon unglaublich viele Arten ausgerottet durch unüberlegtes Auswildern.

Ich schätze Herrn Dr. Wiese sehr. Ich weiß aber nicht, ob er damit gerechnet hat, dass Du seine Antwort hier veröffentlichst und damit in Kauf nimmst, dass nun unzählige Leser auf die Idee kommen könnten, Ihre einheimischen Nachzuchten frei zu lassen – weil es einer der größten Malakologen unserer Zeit OK findet.

Vielleicht kontaktierst Du Herrn Dr. Wiese noch mal und teilst ihm die genetischen Bedenken sowie den „Vervielfältigungseffekt eines Internetforums“ mit und lässt uns seine Antwort wissen?
(Gerne kannst Du meinen Text dafür einkopieren.)
Zuletzt geändert von Escargot am 06.07.2009, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Wildfang76 am 06.07.2009, 15:09

Er hat aber auch geschrieben, dass die Elterntiere dann auch der gleichen Gegend sein sollten. Östereicher nicht in Deutschland aussetzen und so. Aber gut zu wissen, dass ich Nachwuchs von meinen Weinis aus dem Garten auch wieder in den Garten raus setzen kann :-D
Weist du denn genau, aus welcher Gegend deine Weinis sind? Mußt mal den Händler anfragen.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie anderst nur die Weinis hier im Forum aussehn, zu denen, die ich hier teilweise sehe.
"Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen."
Gruß, Sanja
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Elvira157 am 06.07.2009, 15:17

Hallo !

Habe den beitrag mit viel Interesse gelesen , muß aber doch trotz allen besonders bei den Weinbergschnecken sagen , NICHT aussetzen .

Du schreibst in deinen beitrag du möchtest mit einer Weinbergschneckenzucht anfangen , wie willst du das Bitte tun ?
NZ kaufen und dann aussetzen , na das geht aber nicht , denn du weißt auf keinen Fall wo die Schnecken herkommen !

Der Natur entnehmen und dann zurücksetzten ? DAS IST STRAFBAR , denn wie schon geschrieben , ist es nicht überall erlaubt sie zu halten . In D muß man sich erkundigen wo ich sie halten darf und wo nicht .
In ganz Österreich gibt es dafür schwere Strafen , die ab 1000.- € aufwärts offen sind .

Darf ich dich ausserden fragen für was oder wem die Zucht gut sein soll , wenn du alles was du machst strafbar ist ??


Wenn ich die Bänder und Gartenschnecken persönlich aus meinen Garten habe spricht laut Brief ja nichts dagegen , wenn ich sie in meinen Garten wieder aussetze. aber nur dort und nicht 100 m weiter am Waldesrand , da kanns schon wieder anders aussehen .Aber auch das wäre ein Eingriff in die Natur .

Wir haben ja meistens schon NZ hier im Forum , von denen man nicht weiß von wo sie Ursprünglich herkommen , in langen Jahren wurden sie getauscht , gekauft , aber auch mit genommen ...

Kannst du mit Sicherheit sagen von wo sie 100% ig herkommen ???
( ausnahme man hat sie genau dort der Natur bereits entnommen, was ja bei weinbergschnecken Strafbar ist . )

ich kann es nicht !!

Deshalb ist jede Zurücksetzung ein Eingriff in die Population und in das Oekosystem .

Um auf der sicheren Seite zu sein , würde ich keine einzelne im Terri großgezogene Schnecke auswildern .
Sie haben im Terri mit Sicherheit andere Keime , als in der Natur , und viele der Schnecken die schwächlich sind werden mit Sicherheit in der Natur sterben ..

Und was hast du davon ? oder die Schnecke .?

Ich halte nichts davon und werde weiterhin abraten , keine Schnecke zurück in die Natur , außer sie wurde kurz vorher entnommen , weil Haus kaputt oder anderes , dann sage ich ja .
Mit lieben Grüssen aus Wien
Elvira

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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Knusperklaus am 06.07.2009, 15:45

Hallo Gabi,

ich respektiere deine Vorbehalte bezüglich der Aussetzung einheimischer Nachzuchten.

Einige Bemerkungen als Ergänzung:

Ich wollte mit diesem Beitrag bestimmt NICHT dazu auffordern, dass nun jeder seine
Nachzuchten auswildern soll oder muss. Jedoch wollte ich den völlig falschen Eindruck
korrigieren, man täte sich damit Strafbar oder beginge eine Ordnungswidrigkeit.

Das ist NICHT so!!!

Wenn ich einmal voraussetze, das in diesem Forum nur verantwortungsbewusste
Tierhalter zugegen sind, so werden sie wenn überhaupt, nur nach ihrer Einschätzung
gesunde Nachzuchttiere auswildern. Kranke oder geschwächte Tiere überleben zwar
mit einigem Aufwand im Terrarium, würden aber in der freien Natur, sofort der
natürlichen Auslese anheimfallen.

Im Vergleich zu den anderen europäischen und deutschen Nachzuchtprojekten
läuft es ja ähnlich ab. Beispiel sind verschiedene Fischarten oder auch Greifvögel.
Auch hier werden nur die gesunden Tiere in die Natur entlassen und zwar in Regionen
wo sie sowieso oder zumindest ursprünglich beheimatet waren.

Etwas skeptischer bin ich bei dem Einwand der Genmanipulation. Es ist ein sehr
theoretischer Ansatz der durch nichts im Moment gestützt wird. Am Beispiel
Weinbergschnecken ist wohl auszuschließen, dass es sich bei gekauften Zuchttieren
um genmanipulierte Arten handelt, weil sie als Lebensmittel gehandelt werden
und solche Manipulationen verboten sind und derzeit auch nach meinem Wissen,
nirgendwo diskutiert werden.

Ähnlich verhält es sich bei den Baum-, Hain-, und anderen Schneckenarten.
Diese Tiere sind der Natur entnommen, wurden eine Zeitlang im Terrarium gehalten
und der Nachwuchs gelangt an die selben Örtlichkeiten zurück. In dieser Zeit
kann es zu keiner Veränderung der Gene kommen!!!

Selbstverständlich habe ich mich im Anschluss bei Herrn Dr. Wiese nochmals bedankt
und ihm abschließen erläutert, dass es für mich nur um die Frage der gefährdeten
Weinbergschnecke geht oder auch um die Baumschnecke.

Auch in dem letzten Absatz meiner Anfrage habe ich deutlich darauf hingewiesen,
dass ich seine fachkompetente Antwort gerne in einem Forum veröffentlichen
möchte.

Also noch einmal!

Dies ist kein Aufruf zur Auswilderung von Nachzuchten, sondern soll lediglich
die Angst nehmen etwas ungesetzliches zu tun.

LG Achim
Knusperklaus
 

Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Jonas am 06.07.2009, 17:13

Hallo Achim,
danke erstmal, dass du dir die Mühe gemacht hast, die Meinung über ein von uns wohl schon oft behandeltes Thema von jemand Dritten einzuholen.
Ich stimme größtenteils Herrn Wiese zu.
Das Aussetzten von Nachzuchten von Schnirkelschnecken ist meiner Meinung nach unproblematisch. Jedoch sollten wie Herr Wiese erwähnt hat der Ursprungsort der Muttertiere der selbe sein, wo die Jungtiere ausgesetzt werden.
Gärtner können sich im Internet Marienkäfer kaufen um so ihre Pflanzen von Blattläusen zu befreien. Oder es werden Schmetterlingseier an Züchter verkauft, welche die Falter nach dem Schlupf in die Natur entlassen. In so vielen Fällen greifen wir in die Natur ein, und dies meistens in einem viel größeren Maße. Dass die Bänderschneckenpopulation eines Ortes durch 20 kleine Bänderschnecken aus einem Terrarium geschwächt wird ist meiner Meinung nach Unsinn.
Anders sehe ich dies jedoch bei den Weinbergschnecken. Dort wären die Jungtiere immer ortsfremd, da du die Muttertiere entweder vom Züchter oder von anderen Schneckenhaltern hast.

Liebe Grüße, Jonas
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Escargot am 06.07.2009, 19:39

Jonas hat geschrieben:Dass die Bänderschneckenpopulation eines Ortes durch 20 kleine Bänderschnecken aus einem Terrarium geschwächt wird ist meiner Meinung nach Unsinn.

DAS ist auch Unsinn. Es ist aber kein Unsinn mehr, wenn wir über große Mengen Nachzuchten in kleinen Biotopen sprechen. Überschlage doch mal, wie viele Nachzuchten (und Nachzuchten von Nachzuchten) ein Halter von nur 10 Bänderschnecken in einem Jahr großziehen könnte, wenn er die Eier nicht einfriert....

Und das wir Menschen sowieso vielfach in die Natur eingreifen, rechtfertigt ein bedenkenloses Aussetzen der Schnirkelschnecken nicht - im Gegenteil.
Grüße aus dem Rheinland von Gabi
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon mennemaus am 06.07.2009, 20:20

Hallo Achim,
ich finde die Anfrage von dir an Herrn Dr. Wiese sehr interessant,
da dieses Thema wirklich häufig in diesem Forum diskutiert wird -
und vermutlich auch in anderen, ähnlichen Foren.

Ich finde, dass es zu der Aufgabe eines verantwortungsbewussten Halters gehört,
dass er nicht unbedenklich Massen von Nachwuchs-Schnecken produziert.
Eine regelmäßige Kontrolle, um Gelege zu finden, und diese einzufrieren,
gehört für mich zur Schneckenhaltung dazu.

Dass in Maßen Nachwuchs schlüpfen darf, gehört auch zur Zucht dazu.
Dabei sollte man immer bedenken, ob man selber die Schnecken behalten kann
oder ob man dafür Abnehmer findet. Soweit zu den Schneckenarten,
die man nicht erlaubtermaßen aus der heimischen Natur entnommen hat.

Bei den hier lebenden Schneckenarten, die nicht unter Naturschutz stehen,
sollte man genauso darauf achten, dass nicht Gelege in Massen schlüpfen,
um diese dann wieder auszuwildern. Damit wird sicherlich die Natur beeinflusst.
Dass man dann aber einzelne, zuviel geschlüpfte Schnecken auswildert,
und die schon geschlüpften, gesunden Tiere nicht einfriert, macht hingegen Sinn.

In der Natur regeln das Nahrungsangebot und die Witterung, sowie die Fressfeinde
die Vermehrung einer Art. Jedoch das Eingreifen des Menschen - meist durch
die Zerstörung von Lebensräumen oder das Ausbringen von Giftstoffen,
verändert dieses natürliche Gleichgewicht und gefährdet den Bestand der Arten.
Deshalb sollte der Mensch, wenn er die gefährdeten Bestände nachzüchten
und auswildern will, besonders umsichtig vorgehen und das Gleichgewicht
nicht erneut in die andere, dann aber auch falsche Richtung, gefährden.
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon vinbergssnäcka am 06.07.2009, 20:34

Leider greifen wir ständig und immer in die Natur ein, zumindest wenn man zB einen Garten hat. Kaum einer, der da nicht "nicht einheimische" Pflanzen pflanzt. Auch dadurch kommt es zu einer verfälschung der Natur, denn es gibt immer wieder Pflanzen, die sich in unserem Klima wunderbar vermehren und dann die einheimische Flora verändert....

Aber wer ist da schon konsequent???...ich jedenfalls nicht.... :|

Eine andere Frage wäre mal interessant für mich, also die Weinbergschnecke ist ja geschützt.....aber das bedeutet ja noch lange nicht, das sie vom Aussterben bedroht ist (habe ich gelernt). Wie sieht es denn nun damit aus? Hat da jemand eine Ahnung, oder weis jemand wo man das nachlesen kann?
liebe Grüße

Heike
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Knusperklaus am 06.07.2009, 20:49

Hallo,

ich gebe hier vielen die ihren Bedenken äußer wirklich recht.

Die Ergebnisse falsch verstandenen Eingreifens zu Regulierung der
Arten kann man in vielen tropischen Ländern beobachten. Entweder
sollte Schädlinge bekämpft werden, in dessen Folge dann die
Schädlingsvernichter zur Plage wurden, oder aber es wurden Tiere
ausgewildert - ebenfalls meist mit guten Grund - die aber keine
natürlichen Feinde mehr hatten, und so auch zu Plage wurden.

Sicherlich bestehen bei der massenhaften Auswilderung von unzähligen
Nachzuchten einheimischer Arten, ähnliche, wenngleich auch andere
Probleme.

Das kann auch nicht das Ziel sein, egal um welche Tiere es sich handelt.

Wichtiger hingegen erscheint mir die qualifizierte Diskussion um dieses
Thema, so wie es gerade hier geschieht, aber ohne den mahnenden erhobenen
Zeigefinger.

Erst wenn durch die breite Meinungsäußerung klar erkennbar wird,
und zwar auch ohne äußeren Druck, egal ob durch Gesetze oder Verordnungen,
das man durch sein eigenes Handeln, auch in kleinen Schritten, die Natur
beeinflussen kann - erst dann wird auch jedem klar sein, was er tun oder
lassen sollte.

Für mich war es wichtig herauszuarbeiten, dass es kein gesetzliches Verbot gibt
und dadurch die Auswilderung abgeschreckt wird. Wenn jedoch die Meinungsbildung
durch Meinungsaustausch das gleiche Ziel erreicht, finde ich das vie viel besser :)

Gruß Achim
Knusperklaus
 

Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Thuja am 06.07.2009, 20:56

Knusperklaus hat geschrieben:[...]dass nun jeder seine
Nachzuchten auswildern soll oder muss. Jedoch wollte ich den völlig falschen Eindruck
korrigieren, man täte sich damit Strafbar oder beginge eine Ordnungswidrigkeit.
Das ist NICHT so!!!


Das hat ja auch keiner behauptet... Strafbar ist das Entnehmen von geschützen Arten aus der Natur.


Knusperklaus hat geschrieben:Wenn ich einmal voraussetze, das in diesem Forum nur verantwortungsbewusste
Tierhalter zugegen sind, so werden sie wenn überhaupt, nur nach ihrer Einschätzung
gesunde Nachzuchttiere auswildern.


Punkt 1: Ich möchte niemandem auf den Schlips treten, aber ich möchte dennoch darauf hinweisen, dass viele Leute sich gar nicht erst Gedanken darüber machen, wenn sie Tiere (hier Schnecken) auswildern, was das für Folgen haben könnte....
Punkt 2: "nur nach ihrer Einschätzung gesunde Nachzuchten!.... Wer kann schon in die Schnecken hinein sehen? Ein Tier ist nicht automatisch gut für die natürliche Population, nur weil es schön groß ist und gut wächst. Die Genetik ist hier von entscheidender Bedeutung!

Knusperklaus hat geschrieben:Etwas skeptischer bin ich bei dem Einwand der Genmanipulation. Es ist ein sehr
theoretischer Ansatz der durch nichts im Moment gestützt wird. Am Beispiel
Weinbergschnecken ist wohl auszuschließen, dass es sich bei gekauften Zuchttieren
um genmanipulierte Arten handelt, weil sie als Lebensmittel gehandelt werden
und solche Manipulationen verboten sind und derzeit auch nach meinem Wissen,
nirgendwo diskutiert werden.


Es geht hier doch an keiner Stelle um Genmanipulation, oder hab ich da was überlesen...? Es geht darum, dass man den natürlichen Genpool manipuliert, wenn man im Terrarium geschlüpfte Schnecken aussetzt. Denn sie sind durch eine Verpaarung entstanden, die in der Natur eventuell nie stattgefunden hätte. Und im Terrarium kommen eben auch schwächere Tiere her zur Weitergabe ihres Genmaterials, während die Natur diese Tiere schon längst "aussortiert" hätte (Selektion). Wenn du solche NZ aussetzt, greifst du eben ins Ökosystem und in den natürlichen Genpool ein, den man damit zu schlechten verändern könnte, ohne es zu wollen. (Aber wie gesagt: Du kannst in die Tiere nicht reingucken)

Knusperklaus hat geschrieben:Diese Tiere sind der Natur entnommen, wurden eine Zeitlang im Terrarium gehalten
und der Nachwuchs gelangt an die selben Örtlichkeiten zurück. In dieser Zeit
kann es zu keiner Veränderung der Gene kommen!!!

Aber ja kann es da zu einer Veränderung kommen.... Genetik ist ein ziemlich komplexes Thema. Wenn ich anfangen würde, hier alles anzuführen, was mir dazu gerade einfällt, wäre ich morgen noch dabei.
Kurz: "schlechtes" Genmaterial kann bei den NZ sehr wohl entstehen... siehe oben.

Ich bin weiterhin dafür, dass man nicht bedenkenlos Weinbergschnecken (vor allem nicht in Massen und regelmäßig in ein und der selben Gegend) aussetzen sollte. Es ist erstens ein Unterschied, ob dies gezielt in einem Artenschutzprogramm (von Experten geleitet) geschieht oder wahllos von irgendwelchen Haltern. Zweitens finde ich persönlich den Eingriff in die Natur unnötig und - viel wichtiger - unberechenbar. Wir können als Liebhaber meiner Meinung nach gar nicht beurteilen, welche Nachzuchten nun "gut" oder "schlecht" sind. Keiner von uns. Die Natur macht ihr eigenes Ding seit anbeginn der Zeit recht erfolgreich und ich finde, ihr sollte man es auch überlassen. Wenn wir aufhören würden, Weinbergschnecken aus der Natur zu entnehmen, hätte sie es übrigens auch noch viel einfacher. ;-)

Ich finde den Standpunkt von Herrn Dr. Weise ebenfalls interessant. Mich würde interessieren, was er davon halten würde, wenn diese Auswilderung (die er ja für gut heißt) nun regelmäßig durch mehrere Hundert Weinbergschnecken-Halter vorgenommen werden würde... Vielleicht kannst du ihn das bei Gelegenheit ja auch nochmal fragen?
LG Jenny
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Knusperklaus am 06.07.2009, 21:10

Hallo Thuja,

JA, hast!!!

Also vieles überlesen oder falsch gelesen....

Am besten noch einmal in Ruhe lesen :)

Gruß Achim
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Trochoidea am 07.07.2009, 17:24

Wer hat eigentlich die Idee aufgebracht, dass Weinbergschnecken gefährdet sind? Ich kann es nur zum hundertsten Mal wiederholen, dass die Art in Deutschland zwar unter Naturschutz steht, aber keinersfalls selten oder gar vom Aussterben bedroht ist. Der Naturschutz von Weinbergschnecken hat was mit der früheren komerziellen Nutzung und Ausbeutung der Bestände zu tun. Die Seltenheit von Arten wird dagegen in den Roten Listen durch die jeweiligen Schneckenexperten veröffentlich. Diese Listen sagen aus, ob und wie selten die Arten im entsprechenden Bundesland sind, haben aber keine Gesetzteskraft.
Ich hab mal ein paar Rote Liste durchgesehen. Zumindest in den folgenden Bundesländern steht die Weinbergschnecke nicht mal als gefährdet oder potentiell gefährdet auf der Liste. Sie ist als häufig und benötig weder Schutz noch Auswilderung: Bayern, Mecklenbug-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Für die anderen Bundesländer hab ich die Listen gerade nicht da, aber gehe mal davon aus, dass auch dort die Weinbergschnecke nicht gefährdet ist. Auch in der Liste für das gesamte Deutschland steht sie nicht drin.

Da jede Auswilderung von Gefangenschaftstieren ein gewisses Risiko darstellt und die einheimischen Populationen diese Auswilderung nicht benötigen bzw. eher noch bedroht werden, kann ich mich nur dafür aussprechen, keine Tiere in die Natur zu bringen. Das Risiko irgendetwas falsch zu machen, ist hoch und der Nutzen eher gering.
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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Elvira157 am 07.07.2009, 19:03

Ich kann immer nur von Österreich sprechen , und unsere Hunderennbahn liegt mitten in einem Naturschutzgebiet .

Habe des öfteren schon mit dem Besitzer ( Schlossherren) , und den Oberförster der das Gebiet betreut gesprochen , und der hat mir das für Österreich erklärt , das es bei uns bei Geldstrafe verboten ist , wie ich halt immer wieder v. Ö schreibe .

bei uns am Bach entlang sah man vor 7 Jahren kaum eine Weinbergschnecke , Es wurden einige Exemplare ausgewildert , und seitdem haben sie sich gut sichtbar schnell vermehrt.Allerdings sind sie nur entlang eines Bestimmten Gebietes zu finden , 500 m weiter findet man keine einzige mehr , sie halten sich wirklich nur an dem kleinen Bachlauf und auch nur rund um den natürlichen Schl0ßteich auf .

Dann erst findet man sie 11 km weiter in den Donauauen . Wo es feucht ist .

Ich betone ich schreibe nur von Ö von D kann ich leider nichts schreiben , und werde es auch nicht tun .
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Elvira

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Re: Über das Auswildern einheimischer Nachzuchten

Beitragvon Knusperklaus am 07.07.2009, 19:12

Ich habe mich heute auch noch einmal mit dieser Problematik beschäftigt und kann
Trochoidea nur Recht geben.

In Deutschland und Berlin ist die Weinbergschnecke gesetzlich geschützt.

Das bedeute sie darf nicht für kommerzielle Zwecken (Gasstätten, Aufbau von Zuchten usw.)
gesammelt werden!!!

Die einzelne Entnahme aus der Natur zum Zweck der Forschung, privaten Haltung,
Beobachtung, Lehr- und Schulzwecken ist jedoch erlaubt. Auch das Aussetzen dieser
Tiere ist gestattet.

Es stellt weder einen Straftatbestand noch eine Ordnungswidrigkeit dar.

In einigen Bundesländern gibt es Abweichungen auch für den kommerziellen Gebrauch
der aber durch eine sogenannte "Weinberg-Richtlinie" geregelt ist. Hierzu müssen die
Tiere die Möglichkeit haben, sich über mehrere Jahre in ihrer Population zu erholen
und dürfen eine gewisse Größe nicht unterschreiten.

Gruß Achim
Knusperklaus
 

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