Ich gehe heute auf jeden Fall nochmal zum Dill-Dealer meines Vertrauens und schaue nochmal genau, ob nicht doch noch eine Nudel dort herumschneckt, man weiß ja nie
Emma bekommt hoffentlich auch noch ihren Partner. Angeblich kommen sie in den Schwanheimer Dünen vor. Da wollen wir bei schönem Wetter noch einmal einen Versuch machen. Als wir nach Emmas Fund dort waren, war es schon ziemlich kalt, so dass wir leider kein Glück hatten.
Wir rätseln allerdings immer noch, inwiefern man bei Schnecken von einem Sozialverhalten ausgehen kann, inwieweit sie leidensfähig sind und ob sie überhaupt irgendwelche Empfindungen haben können, die über instinktives wie Fresslust, Reproduktionsdruck, Rückzug vor Fressfeinden und ähnliches hinausgeht (so ganz ohne Amygdala). Wieviel von dem, was wir Menschen z.B. als Kuscheln oder anderweitige Interaktion beobachten, ist einfach nur in die Tiere hineininterpretiert? Können Schnecken etwas zwar instinktiv verankertes, aber noch nie erlebtes insoweit antizipieren, dass sie es vermissen, wenn es nicht da ist?
Ein häufig angebrachtes Argument gegen Einzelhaltung ist ja dieses, dass es den Schnecken ein Grundbedürfnis ist, sich zu vermehren. Deshalb halten wir sie also zu mehreren, lassen sie sich paaren und Eier legen - dann kommen wir aber und vernichten die Eier. Ist für die Schnecke das Bedürfnis nach Reproduktion dann nicht auch genauso verletzt worden, wie in dem Fall, in dem sie sich gar nicht erst paaren kann? Man könnte natürlich sagen: klar, denn in der Natur betreiben sie keine Brutpflege (zumindest die meisten Arten, einige Meeresschnecken tun es schon) und deshalb ist der Fall für sie mit der Eiablage erledigt, sie haben ihr Grundbedürfnis ausgelebt und sind deshalb "glücklich" (vorausgesetzt auch andere Bedürfnisse an Unterkunft und Verpflegung werden berücksichtigt).
Im Gegenzug müsste man sich natürlich fragen: Sind alle Tierhalter dieser Welt, die Hunde, Katzen, Kaninchen, Pferde, oder welche Tierart auch immer, halten und diese zum Zwecke der Geburtenkontrolle durch Kastration oder strikte Trennung von Artgenossenen des anderen Geschlechts getrennt halten, grundsätzlich also Tierquäler? Gerade Säugetiere ziehen ihre Jungen selbst und aktiv auf, versorgen sie, verteidigen sie gegen Fressfeinde, etc. Das Reproduktionsbedürfnis ist also wesentlich ausdifferenzierter - kaum einer würde aber ernsthaft auf die Idee kommen, zu behaupten, dass die Haltung von gleichgeschlechtlichen Degu-Gruppen, die Kastration von Rammlern, die Kastration von Katzen und Katern, die Trennung von Hengsten und Stuten, etc. tierschutzwidrig sei - im Gegenteil.
Dass einzeln gehaltene Schnecken scheinbar eine kürzere Lebenserwartung haben und sich generell schlechter entwickeln, wäre tatsächlich ein guter Hinweis. Allerdings gibt es hier für jedes Beispiel auch ein Gegenbeispiel. Hier wäre eine Versuchsreihe mit großen Fallzahlen und unter absolut gleichen Bedingungen hilfreich, um zu sehen, ob wirklich der Faktor Einzelhaltung hier die entscheidende Rolle spielt, oder ob es ganz andere Gründe sind (z. B.: Einzelhalter = meist noch unerfahren = versorgen die Schnecken nicht optimal = schlechteres Wachstum + früherer Tod).
Das Schnecken-Universum ist noch ziemlich unerforscht, wie mir scheint
Emma und Herr Dill sollen ihre Partner bekommen, weil wir es einfach nicht wissen können und daher das Prinzip "Im Zweifel für den Angeklagten" mir erstmal die vernünftigste Lösung zu sein scheint. Trotzdem wäre ich sehr an entsprechenden Untersuchungen und wissenschaftlichen Ergebnissen zu diesem Themenkomplex interessiert.
LG aliena