Schnecke auf dem Autofenster

[Carina]

Hallo liebe Mitglieder des Schnecke-Forums,

vor einigen Monaten habe ich eine kleine Schnecke auf meinen Autofenster gefunden. Sie kroch dort entlang während ich mit 100 kmh auf der Autobahn fuhr. Sie wahr wohl eine der schnellsten Schnecken der Welt in diesem Moment…. Ich hatte Angst, dass sie auf die Fahrbahn fallen könnte und habe sie daher kurzerhand in einen Becher gesetzt und mit nach hause genommen. Hier lebt sie nun in einem Terrarium. 
Nun frage ich mich natürlich was ich mit ihr machen soll und wende mich jetzt an euch in der Hoffnung hier einige Tipps und Ratschläge zu finden.

Ich habe die Schnecke innerhalb Deutschlands gefunden (Autobahn zwischen Köln und Frankfurt). Da ich zwischendurch auch Rast eingelegt haben, weis ich nun leider nicht wo sie „zugestiegen“ ist. (Abfahrtsort? Autobahnraststätte?) Ich frage mich daher nun wo ich sie wieder aussetzen sollte. Die Schnecke ist seit einigen Monaten bei mir und ist inzwischen ziemlich gewachsen. Weiterhin hat sich bereits ihre Färbung verändert. Zu Beginn war ihr Körper beige und das Haus hellbraun. Nun ist das Haus etwas dunkler und größer und ihr Körper weisst nun schwarze Aalstreifen auf (wenn man das so nennt).

Ehrlich gesagt macht es mich ziemlich nervös, darüber nachzudenken, dass ich nun entscheiden muss wie es mit der Schnecke weitergeht. Ich weis, ich hätte sie wahrscheinlich einfach gleich wieder aussetzen sollen. Ich will mich diesem Thema nun aber endlich gerne stellen. Jetzt wo ich sie schon vier Monate bei mir habe frage ich mich ob ich sie überhaupt noch aussetzen kann? Ist sie noch an die „Wildnis“ gewohnt? Kann sie dort überleben? Ist sie sozialisiert? Wenn ja: Wo sollte ich sie aussetzen? Dort wo sie Artgenossen findet. Auf einem Landstrich mit kalkhaltigem Boden? In einem Garten?

Es würde mir sehr helfen wenn ich wüsste um welche Art es sich handelt. 

Ich wende mich daher an das Schencken-Forum in der Hoffnung hier vielleicht Ratschläge und Tipps zu einem sinnvollen weiteren Vorgehen zu bekommen. Ich würde mich wahnsinnig über einige Experten-Tipps freuen und die Schnecke ganz sicherlich auch!

Viele liebe Grüße und vielen lieben Dank im voraus 
Carina

[wolf]

Hallo Carina,
putzig, dass Du Dich "Carina" nennst. Das passt sehr gut zu einem Merkmal Deiner Schnecke, die ja auch eine carina (= "Kiel") an der Windungsperipherie hat. Der Bereich des Kieles ist ein wenig heller gefärbt - all´ das sind typische Kennzeichen von Hygromia cinctella. Ursprünglich aus dem Mittelmeer-Raum stammend ist die Art inzwischen in weite Teile Deutschlands eingewandert bzw. eingeschleppt worden (mit Gemüse etc.) und gilt vielerorts bereits als eingebürgert.
Liebe Grüße: wolf

[Carina]

Hallo Carina,
putzig, dass Du Dich "Carina" nennst. Das passt sehr gut zu einem Merkmal Deiner Schnecke, die ja auch eine carina (= "Kiel") an der Windungsperipherie hat. Der Bereich des Kieles ist ein wenig heller gefärbt - all´ das sind typische Kennzeichen von Hygromia cinctella. Ursprünglich aus dem Mittelmeer-Raum stammend ist die Art inzwischen in weite Teile Deutschlands eingewandert bzw. eingeschleppt worden (mit Gemüse etc.) und gilt vielerorts bereits als eingebürgert.
Liebe Grüße: wolf

Hallo,

vielen Dank für deine schnelle Antwort. Ich habe mich nun online etwas über Hygromia cinctella informiert und bin mir ziemlich sicher, dass meine Schnecke zu dieser Art gehört. Ihr Haus wird nach außen hin tatsächlich dunkler. Der äußere Bereich ist jedoch erst in den letzten 2 Monaten hinzugekommen, da ich die Schnecke im Terrarium mit Eierschalen gefüttert habe. 
Wenn ich jetzt mal ganz direkt frage: Bist du und/oder die anderen Leute hier im Forum der Meinung ich sollte das Tier wieder aussetzen? Ich bin gar kein Hobbyschneckenhalter und gönne ihr ihre Freiheit und die Gesellschaft von Artgenossen. Ich frage mich allerdings in welchem Landstrich/an welchem Ort ich sie freilassen sollte. Könnte sie in der falschen Gegend verhungern? Ich habe auch zum Nabu Kontakt aufgenommen und hoffe ich bekomme auf diese Weise noch weitere Tipps.

Viele herzliche Grüße
Carina

[Carina]

Hallo Carina,
putzig, dass Du Dich "Carina" nennst. Das passt sehr gut zu einem Merkmal Deiner Schnecke, die ja auch eine carina (= "Kiel") an der Windungsperipherie hat. Der Bereich des Kieles ist ein wenig heller gefärbt - all´ das sind typische Kennzeichen von Hygromia cinctella. Ursprünglich aus dem Mittelmeer-Raum stammend ist die Art inzwischen in weite Teile Deutschlands eingewandert bzw. eingeschleppt worden (mit Gemüse etc.) und gilt vielerorts bereits als eingebürgert.
Liebe Grüße: wolf

Hallo Wolf,

ich habe jetzt eine Feedback vom Nabu-Mitarbeiter bekommen. Er meint es wäre eine rötliche Laubschnecke (Monachoides incarnatus) auch Inkarnatschnecke. Was meinst du dazu? Diese Art hat einen gebogenen Mündungsrand, was mein Tier ja nicht besitzt. Jetzt bin ich verwirrt. Ich werde ihm noch mal zurückschreiben und fragen ob es auch eine Hygromia cinctella sein könnte.

Viele liebe Grüße und nochmals vielen lieben Dank für dein Feedback!
Carina

[wolf]

Huhu liebe Carina,
ist denn da wirklich ein leichter Knick etwa in der Mitte der letzten Windung, genau da, wo ein dünner heller Streifen ist? Ich meine so etwas erkennen zu können, aber vielleicht habe ich ja auch einen Knick in der Optik.
Stimmt, adulte Exemplare von Monachoides incarnatus haben einen leicht verdickten Mündungsrand, der nach außen leicht umgebogen ist und meist ein wenig dunkler ist als das übrige Gehäuse. All´ das trifft auf Hygromia cinctella nicht zu. Und als gedrückt-kugelig würde ich Dein Schneckchen auch nicht bezeichnen. Daher bleibe ich erst mal bei Hygromia cinctella. Wie groß ist denn jetzt die Breite (!) des Häuschens?
Liebe Grüße: wolf

[Carina]

Hallo lieber Wolf,

vielen lieben Dank für deine Antwort und dein detailliertes Expertenfeedback!

Bitte verzeih meine späte Antwort. Ich hoffe du erinnerst dich noch an meine Schnecke
Ich hab jetzt noch mal einige Fotos gemacht auf denen man auch die Breite des Häuschens von der Seite erkennt. Einigermaßen... Ich würde mal schätzen, dass das Gehäus ca. 9-10mm cm breit ist.

Wenn ich das richtig verstehe (Google-Recherche eines totalen Schnecken-Anfängers):
1.) Hygromia cinctella: Ursprung Mittelmeerraum inzwischen eingebürgert, Mündungsrand nicht verdickt oder geschwungen eher dünn und zerbrechlich, weises Band am Kiel, Gehäuse von der Seite gesehen eher kegelförmig, 5-6 Umgänge

2.) Monachoides incarnatus: weit verbreitet in Deutschland, typische Waldart, Mündungsgrad nach aussen umgebogen, Haus hat sehr feine und regelmäßige Gitterstruktur, Gehäuse von der Seite gesehen eher weniger kegelförmig, flacher, 6-6,5 Umgänge

Oh je, zu welchen Art gehört das denn nun?
Ich denke auch, dass es eine Hygromia cinctella ist.
Allerdings hat das Gehäuse der Schnecke schon irgendwie auch so eine feine Gitterstruktur oder eher viele dünne Lieben. Ziemliche viele Umgänge hat es auch (wenn ich richtige verstanden habe was Umhänge sind..) Das würde dann irgendwie Monachoides incarnatus ähneln?

Wenn ich mir jedoch Bilder der beiden Arten anschaue, erkenne ich meine Schnecke spontan immer in den Abbildungen der Hygromia cinctellas wieder.

Uff.. Also anbei einfach mal die Fotos..

Viele liebe Grüße
Carina

[Carina]

Huhu liebe Carina,
ist denn da wirklich ein leichter Knick etwa in der Mitte der letzten Windung, genau da, wo ein dünner heller Streifen ist? Ich meine so etwas erkennen zu können, aber vielleicht habe ich ja auch einen Knick in der Optik.
Stimmt, adulte Exemplare von Monachoides incarnatus haben einen leicht verdickten Mündungsrand, der nach außen leicht umgebogen ist und meist ein wenig dunkler ist als das übrige Gehäuse. All´ das trifft auf Hygromia cinctella nicht zu. Und als gedrückt-kugelig würde ich Dein Schneckchen auch nicht bezeichnen. Daher bleibe ich erst mal bei Hygromia cinctella. Wie groß ist denn jetzt die Breite (!) des Häuschens?
Liebe Grüße: wolf

Hall Wolf,

ich bins nochmal... Ja den Knick sehe ich auch, lol Genau an der Stelle wo der weisse Streifen ist. Habe auch nochmal Fotos hochgeladen auf denen man das erkennt. Oder haben wir beide eine Kick in der Optik? lol

Viele leibe Grüße und

[wolf]

Huhu Carina,
danke für die weiteren, aussagekräftigen Fotos, die das bestätigen, was bei den ersten Fotos schon zu sehen war, aber nicht ganz so deutlich wie jetzt. Ich denke, jetzt kann wohl endgültig kein Zweifel aufrecht erhalten bleiben: eindeutig Hygromia cinctella. Monachoides incarnatus scheidet aus mehreren Gründen endgültig aus: letztere hat nie eine so stark gedrückte Gehäuseform, nie einen so deutlichen Kiel mit weißem Streifen usw. usw..
Merci vielmals, liebe Grüße: wolf

[Carina]

Huhu Carina,
danke für die weiteren, aussagekräftigen Fotos, die das bestätigen, was bei den ersten Fotos schon zu sehen war, aber nicht ganz so deutlich wie jetzt. Ich denke, jetzt kann wohl endgültig kein Zweifel aufrecht erhalten bleiben: eindeutig Hygromia cinctella. Monachoides incarnatus scheidet aus mehreren Gründen endgültig aus: letztere hat nie eine so stark gedrückte Gehäuseform, nie einen so deutlichen Kiel mit weißem Streifen usw. usw..
Merci vielmals, liebe Grüße: wolf

Hallo lieber Wolf,

vielen lieben Dank für deine erneute nette Antwort!
Ich habe inzwischen auch vom Nabu-Experten Rückmeldung bekommen. Diesem habe ich die selben Fotos geschickt, die ich auch hier zuletzt hochgeladen habe und er tendiert nun ebenfalls zu Hygromia cinctella. Er sagte auch, dass er diese Art bei den ersten Fotos schon kurz in Betracht gezogen hätte aber nicht ganz sicher gewesen wäre.

Weiterhin teilte er mit mit, dass es sich bei der Hygromia cinctella um eine invasive Art handelt und das Aussetzen problematisch wäre...
Das Tier sein ein Zwitter und könnte daher auch alleine eine neue Population begründen. Nachweise dieser Art in DE gäbe es bis jetzt westlich des Rheins bis hinauf ins Ruhrgebiet. (Im Rhein-Main-Gebiet bisher nur wenig Nachweise.)
Was mäh ich jetzt? Uff.. Einfach für immer im Terrarium lassen...

Herzliche Grüße
Carina

[wolf]

Juhu liebe Carina,
klar, als Landlungenschnecke (Stylommatophora) ist Hygromia cinctella natürlich ein Zwitter. Da scheint aber ein kleines Missverständnis vorzuliegen: bei weitem nicht jeder Zwitter ist zur Selbstbefruchtung fähig. Bei den weitaus meisten Arten wird eine Selbstbefruchtung dadurch verhindert, dass die Ei- und Samenzellen zu unterschiedlichen Zeiten reifen. Meist reifen zunächst die Samenzellen und erst später die Eizellen ("protandrische Zwitter"). Wir kennen bei den europäischen Landlungenschnecken nur wenige Arten, bei denen eine Selbstbefruchtung überhaupt möglich ist.
Ja - wie oben schon gesagt (22.07.) - das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der genannten Art ist mediterran. Ich habe in den letzten drei, vier Jahren einige Exemplare aus verschiedenen Regionen Deutschlands bestimmt, mit steigender Tendenz. Die Art scheint gerade in heftiger Ausbreitung begriffen zu sein (inzwischen auch in Bayern, Niedersachsen usw. nachgewiesen).
Liebe Grüße : wolf

[Karola]

Hallo Carina und Wolf,

eine Idee von der Verbreitung könnten die Meldungen bei naturgucker geben: https://www.naturgucker.de/natur.dll/EH ... Xn~XRS0je/ Auf der Seite "Karte" anklicken.

Viele Grüße
Karola

[wolf]

Liebe Karola,
vielen Dank für den link!
Inwieweit man/frau den Infos auf "naturgucker.de" glauben mag (im Bereich der Weichtiere), muss jede/r für sich entscheiden.............
Merci und liebe Grüße: wolf

[Carina]

Hallo Carina und Wolf,

eine Idee von der Verbreitung könnten die Meldungen bei naturgucker geben: https://www.naturgucker.de/natur.dll/EH ... Xn~XRS0je/ Auf der Seite "Karte" anklicken.

Viele Grüße
Karola

Liebe Carola,

vielen lieben Dank!. Sehr interessant.

Viele liebe Grüsse

[Carina]

Juhu liebe Carina,
klar, als Landlungenschnecke (Stylommatophora) ist Hygromia cinctella natürlich ein Zwitter. Da scheint aber ein kleines Missverständnis vorzuliegen: bei weitem nicht jeder Zwitter ist zur Selbstbefruchtung fähig. Bei den weitaus meisten Arten wird eine Selbstbefruchtung dadurch verhindert, dass die Ei- und Samenzellen zu unterschiedlichen Zeiten reifen. Meist reifen zunächst die Samenzellen und erst später die Eizellen ("protandrische Zwitter"). Wir kennen bei den europäischen Landlungenschnecken nur wenige Arten, bei denen eine Selbstbefruchtung überhaupt möglich ist.
Ja - wie oben schon gesagt (22.07.) - das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der genannten Art ist mediterran. Ich habe in den letzten drei, vier Jahren einige Exemplare aus verschiedenen Regionen Deutschlands bestimmt, mit steigender Tendenz. Die Art scheint gerade in heftiger Ausbreitung begriffen zu sein (inzwischen auch in Bayern, Niedersachsen usw. nachgewiesen).
Liebe Grüße : wolf

Lieber Wolf,

vielen lieben Dank für dein Feedback. Du scheinst ja wirklich von Fach zu sein!
Tausend Dank für dein geteiltes detailliertes Fachwissen! Wollt ich jetzt einfach nur mal sagen!

Viele liebe Grüße Carina

[wolf]

Juhu Carina,
danke, danke, sehr gerne geschehen. Macht ja auch Spaß, sich um solche Dinge und Fragen zu kümmern........... .
Merci, liebe Grüße: wolf